Sondersendung - Feministische Radiotage
In der dreiteiligen, englisch-sprachigen Mini-Serie zu „Geschlecht, Affekt und Politik“ diskutiert die Forschungsgruppe „Intimate Readings“ (zu Deutsch: „intime Lektüren“) der Universität Graz, wie Narrative in unterschiedlichen Medien durch die Darstellung geteilter affektiver bzw. emotionaler Erfahrungen ein Gefühl von Identität und Zusammengehörigkeit erzeugen können, wie sie Öffentlichkeiten und Gegenöffentlichkeiten mobilisieren können und wie sie affektive Welten kreieren können, die Leser_innen und Publikum erlauben, dominante Vorstellungen von Geschlecht und Sexualität zu hinterfragen.
Teil 1:Wie man Emotionen als politische Phänomene untersuchen kann In der ersten Folge geben die Amerikanistin Silvia Schultermandl und die Slawistin Dijana Simić eine Einführung in das Forschungsfeld der Affekt-Studien, um zu zeigen, auf welche Art und Weise man Emotionen als politische Phänomene untersuchen kann. Im Anschluss stellt die bekannte Affekt-Forscherin Ann Cvetkovich einige Methoden des kreativen Schreibens vor und lädt das Publikum ein, darüber nachzudenken, wie bestimmte historische und politische Ereignisse sich „anfühlen“. Zudem erkunden May Friedman und Ahmet Atay sog. „public feelings“ – also öffentliche Gefühle. Sie sprechen über Einsamkeit, Angst und die verstärkten Unsicherheiten, mit denen bereits marginalisierter Gruppen in Zeiten der aktuellen Pandemie konfrontiert sind.
Die Literatur- und Kulturwissenschaftler_innen Jana Aresin, Heike Paul (von der Universität Erlangen-Nürnberg), Silvia Schultermandl, Dijana Simić und Si Sophie Pages Whybrew (von der Universität Graz) bilden die Forschungsgruppe „Intimate Readings“. Die Gruppe entstand 2020 im Rahmen des Elisabeth-List-Fellowship-Programms für Geschlechterforschung an der Universität Graz. Mithilfe der Affekt-Studien untersuchen die Forscher_innen einerseits das Verhältnis zwischen Emotion und Politik sowie andererseits die Repräsentation von Geschlecht und Sexualität in unterschiedlichen Medien.
Hosts: Silvia Schultermandl, Dijana Simić Schnitt: Diana Brunnthaler Musik: Planningtorock – “Let’s Talk About Gender Baby”, K. Flay – “Sister” Literatur: Rita Felski – “Beyond Feminist Aesthetics”, Nancy Fraser – “Rethinking the Public Sphere”, Michael Warner – “Publics and Counterpublics”, Brian Massumi – “Parables for the Virtual”, Deborah Gould – “On Affect and Protest”, Ann Cvetkovich & Karin Michalski – “The Alphabet of Feeling Bad”
Teil 2: Literatur, Soziale Medien und „Affective Worldmaking“
In der 2. Folge sprechen Si Sophie Pages Whybrew und Jana Aresin über die Möglichkeiten und Grenzen, die Geschichten und Narrative in der Literatur und anderen Medien eröffnen: wie und ob Menschen sich mit literarischen Figuren identifizieren, ob sie dazu angeregt werden, über ihre Vorstellung von der Welt und ihrer eigenen Identität zu reflektieren, und ob dies ihnen ermöglicht, sich alternative Welten bzw. Gesellschaften vorzustellen. Anhand des Begriffs „affective worldmaking“ diskutieren sie, wie Narrative, Emotionen, und Politik zusammenhängen, und stellen die Frage, was Menschen dazu bewegt politisch aktiv zu werden. Um dies zu veranschaulichen, verwenden sie Beispiele aus der Forschung verschiedener Literatur- und Kulturwissenschaftler_innen, die sich ebenfalls diese Frage stellen, und das in verschiedenen historischen Momenten (vom späten 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart) und in verschiedenen geopolitischen Kontexten (von Nord- und Südamerika, über Südosteuropa, bis nach Ostasien).
Hosts: Jana Aresin, Si Sophie Pages Whybrew Contributors: Ahmet Atay, Claudia Breger, Renate Hansen-Kokoruš, Heike Paul, Silvia Schultermandl, Dijana Simić Cut: Diana Brunnthaler Music: Cherry Glazerr – “I Told You I’d Be With The Guys”, Claud – “Gold”, Billy Nomates – “No” Literature: Lamija Begagić – “U zoni”, Lauren Berlant – “The Intimate Public Sphere”, Che Gossett – “Blackness and the Trouble of Trans Visibility”, Lejla Kalamujić – “Zovite me Esteban”, Georg Lukács – “Zur Frage der Satire”, Michael Warner – “Publics and Counterpublics”, Rita Felski – “Beyond Feminist Aesthetics”, Nancy Fraser – “Rethinking the Public Sphere”
Teil 3: “Feeling Bad? It Might Be Political!” – Interview with Ann Cvetkovich
Unter Berücksichtigung dessen, was Ann Cvetkovich die Dialektik von Hoffnung und Verzweiflung genannt hat, werden in dieser Episode verschiedene Praktiken von „affective worldmaking“ (im Sinne affektiver Weltgestaltung) in Krisenzeiten wie der aktuellen COVID-Pandemie erörtert. Es geht darum, negative Affekte (wie Depressionen und Angstzustände) als nicht nur blockierend zu verstehen, sondern als potenzielle Quellen für politisches Engagement. In diesem Sinne sprechen wir mit Ann Cvetkovich über die Rolle von alltäglichen Gewohnheiten und Praktiken der Fürsorge und Pflege als Mittel des Widerstands, der Affirmation und der Gemeinschaftsstiftung oder wie wir sie verstehen – als Ressourcen für affektive Weltgestaltung.
Hosts: Silvia Schultermandl, Dijana Simić Contributors: Ann Cvetkovich Cut: Diana Brunnthaler Music: Crush – “There You Go” Referenced Writers & Thinkers: James Baldwin, Lauren Berlant, Octavia Butler, Angela Davis, Saidiya Hartman, Audre Lorde, Karin Michalski, Toni Morrison, José Esteban Muñoz, Christina Sharpe, Kathleen Stewart, Feel Tank Chicago (Deborah Gould, Rebecca Zorach, Mary Patten, Gregg Bordowitz, Claire Pentecost and others)
Mehr Informationen: https://fellowship-geschlechterforschung.uni-graz.at/en/projects/affective-and-gendered-belongings/